Erfahrungsberichte

Ralf P. 

Die Warum-Frage

 

Spielsucht ist eine Krankheit, die niemals geheilt, aber zum Stillstand gebracht werden kann. Aber was will die Sucht mir denn eigentlich sagen? Welche Information hat mir meine Spielsucht, mein Alkoholismus, mein krankhaftes Denken und Handeln im Umgang mit berauschenden Mitteln in all den Jahren übermittelt?

Meine Suchterkrankung hat eine tiefgehende Botschaft an mich. Mein süchtiges Verhalten hat mir aufgezeigt, dass mit meinem Leben einiges nicht in Ordnung ist. Dass ich über zwei Drittel meines Lebens in meinem Selbstmitleid gefangen war und fast darin erstickt bin. In meiner Ichbezogenheit; In meiner Selbstherrlichkeit; In meiner Darstellungssucht. Warum hilft mir keiner? Warum liebt mich niemand? Ich bin doch so schwach, so hilflos, so allein. Zwei Drittel meines Lebens war ich nur am rumlamentieren. Fühlte mich ständig unzufrieden, vom Leben ungerecht behandelt und regelrecht verarscht. Warum? Warum? Warum?

 

Erst in den Meetings der Anonymen Spieler(GA) lernte ich langsam, dass ich damit aufhören musste, mir die Warum-Frage zu stellen. Mich ständig mit meinem Lamento zu beschäftigen. Dass mich die Frage nach dem Warum nicht weiterbringt, sondern mich in der Knechtschaft meiner Sucht weiterhin gefangen hält und zerstört.

 

Ich werde nie das wichtigste Nachmeeting meines Lebens vergessen, in dem ich über Stunden hinweg einem alten, erfahrenen GA-Freund, mit allem Nachdruck weismachen wollte, dass für mich die Wichtigkeit des Wissens darum, warum ich gespielt habe, entscheidend für meine Genesung ist. Und heute sitze ich da, schreibe diese Zeilen, und darf über mich lächeln. Ich weiß heute immer noch nicht, warum ich wirklich gespielt habe. Und es ist auch nicht mehr wichtig für mich. Für mich ist heute die Wichtigkeit des Wissens darum entscheidend, dass ich weiß, dass ich nicht mehr spielen kann. Nie mehr. Die Frage nach dem Warum verliert mit der Kapitulation, mit dem Aufgeben dieses sinnlosen Kampfes, die Bedeutung. Ich bin heute diesem alten GA-Freund so dankbar, dass er mich abgeholt hat von diesem Weg, auf dem ich mich verirrt hatte, weil er mich zurück in die Sucht geführt hätte. Weil die Frage nach dem Warum mir keinen Frieden und keine Ruhe geben kann, und niemals geben wird. Nur die bedingungslose Annahme meiner Krankheit als gegebene Tatsache, von der aus es auch keinen Weg mehr für mich geben wird, je wieder in ein normales Spiel- und Trinkverhalten zurückzukehren, kann mich auf den Weg der Genesung führen. Auf den Weg, um endlich gesund zu werden. Auf den Weg zu mir selbst. Auf den Weg zu Gott.

 

In der Bibel sagt mir Jesus in Joh. 5, 8: „Steh auf, nimm dein Bett(deine Krankheit/Sucht) und gehe hin!“ Nimm deine Krankheit an. Hör endlich auf mit deinen ständigen Ausflüchten, warum du deine Genesung nicht in deine eigenen Hände nehmen willst. Hör auf, ständig vor dir selbst davonzulaufen. Hör auf, die Schuld immer nur anderen in die Schuhe schieben zu wollen. Du bist verantwortlich für dein Leben. Und zwar genauso, wie es sich heute darstellt. Also steh auf, und übernimm endlich die Verantwortung dafür. Für dich, deine Suchtkrankheit und dein Leben. Steh endlich auf, nimm dein Bett, und vertraue auf Gott, dass auch dein Leben wieder in Ordnung kommt. Wenn du wirklich aufstehst und endlich losgehst, wirst du feststellen, dass du nicht mehr alleine bist.

 

"An dem Tag, an dem du die volle Verantwortung für dich selbst übernimmst,

an dem du aufhörst, nach Entschuldigungen zu suchen,

an dem Tag beginnt dein Weg zum Ziel!" (H. Hesse) 

 

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