Leseproben - Bücher Ralf P.

Leseprobe aus dem Buch: Zwölf Schritte zu einem spielfreien Leben

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..., dass wir dem Spielen gegenüber machtlos sind ...

 

Mir selbst wirklich zuzugeben, dass ich machtlos geworden bin, dass ich das Spielen nicht mehr unter meiner Kontrolle habe, fällt nicht nur mir, sondern bestimmt vielen von uns anfangs sehr schwer. Auch der Tragweite, die dieses Eingeständnis mit sich bringt, muss ich mir erst richtig bewusst werden. Es gibt in meinem Leben etwas, dass ich nicht mehr imstande bin zu steuern. Niemals mehr. Einmal angefangen, folgt unausweichlich der Kontrollverlust. Immer und immer wieder. Unaufhaltsam rase ich auf eine unsichtbare Wand zu, versuche umzusteuern, noch auszuweichen, doch all meine verzweifelten Versuche scheitern. Ich versage vollkommen. Ich kann den Aufprall nicht mehr aufhalten. Ich weiß nicht wann, aber ich weiß mit Bestimmtheit, dass ich mit einem großen Knall aufschlagen werde. Das Eingeständnis meiner Machtlosigkeit muss absolut sein, und auf festen Füßen stehen, sonst habe ich keine Chance. Sonst werde ich zwangsläufig rückfällig.

 

Im 2. Teil des ersten Schrittes gestehe ich mir also ganz bewusst ein, dass ich dem Spielen gegenüber nicht nur machtlos war, sondern auch bin, und bleibe. Wir sind machtlos. Ich bin machtlos. Hier finde ich die Bestätigung, dass es für mich, der ich diese unsichtbare Grenze zum unkontrollierbar gewordenen Spielen hin überschritten habe, auch keinen Weg mehr gibt, jemals wieder das Spielen gemäßigt konsumieren zu können. Bin ich einmal jenseits dieser Grenze gewesen, gibt es kein Zurück mehr. Deswegen steht dieser 2. Teil des 1. Schrittes auch in der Gegenwartsform. Ich bin, und bleibe, dem Spielen gegenüber machtlos. Kurzum heißt das: „Der süchtige Spieler kann niemals mehr kontrolliert spielen“ und, „das eigentliche Merkmal der Krankheit Spielsucht ist der bleibende Kontrollverlust.

Ja, Spielsucht ist eine Krankheit, eine fortschreitende Krankheit, nicht nur einfach so eine Charakterschwäche. Spielsucht ist eine Krankheit, die im klassischen Sinne auch nicht geheilt, aber zum dauerhaften Stillstand gebracht werden kann.

 

... und unser Leben nicht mehr meistern konnten.

 

Wir sind wieder in der Vergangenheitsform angekommen. Und als Ergebnis des vorbehaltlosen Eingestehens meiner Machtlosigkeit dem Spielen gegenüber, greift spätestens an diesem Punkt auch die persönliche Erkenntnis, dass ich nicht mehr dazu in der Lage gewesen war, mein Leben zu meistern.

Dann hat in der Regel schon ein Kredit den anderen bis zur finanziellen Ausreizung, bis zum absoluten Limit abgelöst. Dann hat sich meine finanzielle Lage bereits so dramatisch zugespitzt, dass sich der Großteil meines täglichen Ablaufs nur noch auf die Geldbeschaffung bezieht. Um Löcher zu stopfen, wo an anderer Stelle gleichzeitig ständig Neue entstehen. Weil ich immer weiterspiele. Weil ich das Spielfieber, den Spieldruck,  den unabwendbaren Zwang und Drang nach dem nächsten Spiel, nach dem nächsten Einsatz, nach dem nächsten Gewinn, nicht mehr steuern und stoppen kann.

Dann bin ich vielleicht auch schon, verzweifelt und nach Hilfe suchend, durch Praxistüren von Ärzten, in Psychiatrischen Kliniken, in Therapieeinrichtungen, durch Gefängnistore, ein- und ausgegangen. Und ich spiele weiter und weiter. Weil ich immer noch nicht kapituliert habe. Weil ich immer noch daran glaube, ja, ich immer noch davon überzeugt bin, alleine mit meinem Willen, mein Leben wieder in das richtige Fahrwasser zu bekommen.

Dann habe ich auch vielleicht schon meinen Arbeitsplatz verloren; hat meine Frau mich mit den Kindern bereits verlassen, oder mich aus der gemeinsamen Wohnung geworfen. Dann stehe auf einmal alleine und völlig mittellos auf der Straße. Und ich spiele weiter und weiter.

Spätestens hier angekommen, sind die meisten von uns bereit dazu aufzugeben, und zuzugeben, dass wir alleine auf unsere Willenskraft gestellt, vollkommen versagt haben.

Nun bin ich hoffentlich soweit und bereit dazu, mir offen einzugestehen, dass ich auch mein gesamtes Leben nicht mehr meistern kann. Dass ich alleine aus all meinen Schwierigkeiten nicht mehr herauskomme. Mein gesamtes Leben ist mir völlig entgleitet.


Leseprobe aus dem Buch: Spiel, Rausch und Heilung

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Dann stehe ich auf einmal wieder drin! Zwei Räume, getrennt durch eine große Theke und rechts und links davon je sechs Geldspielgeräte. Sofort ist mein Blick auf der Suche nach den „Merkur-Disk“ - Automaten. Ich bin noch nie in dieser Halle gewesen, aber es fühlt sich an wie ein Stück längst vermisste Heimat.

„Zehn Fünfer und einen Kaffee bitte!“ Die Worte kommen über meine Lippen, als ob ich sie erst gestern das letzte Mal ausgesprochen hätte.

Kurzzeitig ist da noch einmal ein bedrückendes, beängstigendes Gefühl. Am liebsten würde ich vor Verzweiflung laut aufschreien, um vielleicht doch noch rechtzeitig aus diesem Alptraum zu erwachen, als der erste Fünfer nach fast siebzehn Monaten über den Einwurfschlitz in die gut gefüllte Hauptkasse fällt und mir dadurch sofort wieder suggeriert wird, dass der Automat reif ist und nur noch von mir abgemolken werden muss. Und dann bin ich wieder voll drauf; die alten Mechanismen greifen wie eh und je nahtlos ineinander, und ich befinde mich augenblicklich unter Hochspannung; ich gehe ab wie die Berufsfeuerwehr! Jedes Risiko sofort wieder: „Sekt oder Selters – Alles oder Nichts!“ Als hätte ich niemals zuvor auch nur für einen Tag aufgehört.

Der Nachholbedarf ist enorm, und ich stehe regelrecht vor einem Orgasmus, als ich schon kurze Zeit später den ersten Disk auf hundert Sonderspiele gejagt und damit auch, zumindest fürs Erste, die letzten, noch negativ ausgerichteten Gedanken in mir verdrängt habe. Zwei Stunden später spiele ich alle sechs Geräte in einem der beiden Räume. Endlich habe ich freie Bahn und brauche nicht ständig um andere Spieler herum zu laufen, die mir sowieso nur auf die Nerven gegangen sind und im Wege saßen, wenn ich von Risiko zu Risiko gehechtet bin.

Die Spielsucht hat mich wieder voll im Griff!

– Verändere dich zum Guten hin und versuche, mit allen dir zur Verfügung stehenden Mitteln, dieses „Erste Spiel“ zu vermeiden. Es ist immer das „Erste Spiel“, das dich kaputt macht und am Ende ganz zerstört. –  Wie oft habe ich es selbst erlebt; wie oft von anderen gehört; und trotz allem habe ich keinerlei Lehren aus den ganzen Erfahrungen gezogen, sondern mich regelrecht mit Gewalt in diesen Rückfall hineinmanövriert. Jede mir gegebene Hilfestellung, jeden gut gemeinten Rat, jede sich mir entgegen gestreckte Hand habe ich regelrecht mit Füßen getreten. Nicht bereit, meinen Charakter auch nur um einen Deut zu verändern, sondern ständig den egozentrischen Großkotz spielend, stehe ich nun vor dem Ergebnis meiner bisherigen Selbsthilfeerfahrung.

 

Stunden später wache ich langsam auf. Die Nebelschwaden des sich monatelang aufgestauten Spielentzuges – durch meine wiederholten Spielhallenaufenthalte kräftig geschürt und angefacht –, die ein Erkennen der realen Brutalität eines Spielrückfalles abgeblockt, ummantelt und gedämpft haben, lösen sich nun langsam auf, nachdem der akute Drang nach dem Spiel, endlich wieder einmal befriedigt wurde.  


Leseprobe aus dem Buch: Spielsucht und Genesung

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46. Meeting – Was wäre, wenn ...?

 

„Was wäre in meinem Leben doch alles möglich gewesen, wenn ich nicht gespielt hätte? Was hätte ich alles erreichen können? Was hätte ich doch alles anders und besser machen können? Was hätte ich mir doch alles kaufen und gönnen können? Was für einen Sinn haben denn all die verlorenen Jahre gehabt? Was für einen Sinn hat denn überhaupt mein Leben? Wozu bin ich Nichtsnutz denn überhaupt da?“  

Diese oft immer wiederkehrenden Fragen waren heute ein Teil der Thematik unseres Meetings. Wer hat sich an irgendeinem Punkt in seinem Leben nicht schon die eine oder andere dieser Fragen gestellt. Egal, ob nun suchtkranker Spieler, oder nicht. „Wenn ich doch nur das Rad der Geschichte noch einmal zurückdrehen könnte, dann würde ich ...!“ 

 

Ich habe viele Fehler in meinem Leben begannen. Mit Sicherheit. Hätte vieles vermutlich besser machen können. Auf jeden Fall aus meiner heutigen Sicht und aus meinem heutigen, stabileren Lebenszustand heraus. Doch damals war ich anscheinend wohl nicht in der Lage dazu. Warum auch immer. Ich kann die Vergangenheit nicht mehr ändern. Das Gestern ist vorbei. Unwiderruflich. Heute ist der Tag, an dem ich aktiv, zeitnah und realitätsbezogen, meine Gegenwart, und dadurch auch meine Zukunft, positiv gestalten kann. Wenn ich mit dieser Einstellung im Heute zu leben versuche, dann kann ich morgen einen guten Blick zurück in meine Vergangenheit werfen, in der dann dieses Heute liegt. GA hat mich gelehrt, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Es nützt mir nichts mehr, wenn ich mir meinen Kopf damit zermartere, was ich alles hätte besser machen können, oder besser gar nicht erst getan hätte. Ich darf die Vergangenheit aber auch nicht verdrängen, denn die Aufarbeitung ist genauso wichtig, wie das Loslassen davon. Ich muss das, was ich im Heute noch korrigieren und wiedergutmachen kann, auch wirklich versuchen zu tun. Nur so kann ich den Frieden finden mit meiner Vergangenheit. Nur so kann ich ihr, mit all ihren Altlasten und Schattenseiten, einen Platz der Ruhe zukommen lassen. Einen Platz, wo sie ein Teil meines Lebens sein darf, ohne dass sie immer wieder mit neuem Schmerz in mein Leben eindringt. All die Jahre meines Dahinsiechens in der Spielsucht und im Alkoholismus, haben mir nach dem Erreichen meines persönlichen Tiefpunktes, am Ende eine lebenswichtige Botschaft übermittelt. - Siechtum ist die Bezeichnung für einen massiv entkräftigenden und stetig fortschreitenden Krankheitszustand. Von der sprachwissenschaftlichen Entstehung her kommt der Begriff Siechtum, siechen, aus dem englischen „sick“ für krank und ist sprachverwandt mit Seuche und Sucht. Früher benutzte man den Begriff Siechtum für die Bezeichnung von Seuchen und ansteckenden Krankheiten. Meine Spielsucht war auch die Seuche meines Lebens. Fast hätte sie mich dahingerafft. - Mir wurde bewusst, dass in fast allen Bereichen meines Lebens einiges nicht in Ordnung war. Ich war nicht fähig mein Leben aufzunehmen, die Schwierigkeiten darin anzunehmen, und es vernünftig und verantwortungsbewusst zu gestalten. Meine Suchterkrankung hat mir die Augen geöffnet und gezeigt, dass ich auch wirklich krank bin. Meine Krankheit Spielsucht hat mich aber auch an eine Grenze geführt, an der ich nicht mehr weiter konnte. An der ich zusammengebrochen bin. An der ich zusammenbrechen musste. Das war die größte Gnade meines Lebens, die ich erfahren durfte. Ich habe dadurch die große Chance bekommen, mein Leben mit Hilfe der Freunde in den Gruppen und dem Programm der Anonymen Spieler(GA) zu verändern. Wichtig ist für mich nicht mehr, was ich alles hätte haben können, wenn ich ..., sondern was ich heute durch die Gemeinschaft wirklich bekommen habe. Ich habe ein neues Leben geschenkt bekommen. Meine persönliche Einstufung und Bewertung um die Wichtigkeit der Dinge, die ich meinte haben zu müssen, um glücklich zu sein, hat eine völlig neue Zuordnung bekommen. Nicht mehr die Befriedigung meiner materiellen Wünsche hat in meinem Leben Vorrang, sondern mein Streben nach geistigen und charakterlichen Werten. Die Krankheit Spielsucht war eine Chance, die mir das Leben geschenkt hat, um eine andere, völlig neue, Blickrichtung zu bekommen. Um erkennen und sehen zu können, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich brauche heute meiner Vergangenheit nicht mehr nachzuweinen, weil sie mir erst all das ermöglicht hat, was ich heute habe. Einst war ich gebunden und gefangen in dem Hunger danach, alles nur erdenkliche mir anzuschaffen, damit es mir gut geht. Und trotzdem war ich innerlich leer wie die Hülse einer abgeschossene Patrone. Ohne Rast und ohne Ruh. Ohne Frieden, ohne Freisein. Heute darf ich zurückblicken auf ein Leben, das mir nach meinem letzten Spiel und meinem letzten Schluck, alles geschenkt hat, was ich brauche. Ich blicke mit Dankbarkeit auf das zurück, was ich in Gnade erhalten und erfahren durfte. „Der HERR ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele; er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.“ (Psalm 23, 1-3) 


Leseprobe aus dem Buch: Nur aus Gnade errettet

Mein Leben war also nicht gerade das, was man geläufiger weise eine Erfolgsgeschichte nennt. Aufgewachsen in einfachen und auch recht schwierigen Verhältnissen zeichnete sich bei mir schon in sehr jungen Jahren eine Karriere als Suchtkranker ab. Ab dem fünfzehnten Lebensjahr trat erst der Alkohol, dann leichte Drogen, dann beides zusammen, und als Letztes dann das Automaten-Glücksspiel in mein Leben und begannen ihr zerstörerisches Werk in mir und an mir. Anfangs noch schleichend, doch schon nach wenigen Jahren immer deutlicher und bestimmender, übernahm die Sucht allmählich mein komplettes Leben und steuerte in der Folgezeit somit mein ganzes Denken und Handeln. Schon nach wenigen Jahren stellte sich mehr und mehr der völlige und absolute Kontrollverlust beim Trinken und Spielen bei mir ein. Einmal angefangen, konnte ich aus meinem eigenen Willen heraus nicht mehr aufhören. Erst wenn alles Geld bis auf den letzten Heller verspielt war, konnte ich gezwungenermaßen aufhören. Und mit dem Alkoholkonsum war es nicht viel anders. Nur im Vollrausch, wenn ich einfach eingeschlafen bin oder bewusstlos wurde, kam mein Verlangen nach Alkohol zur Ruhe.

Kontrollverlust bedeutet, wenn ich aus mir selbst heraus einen Trieb oder Drang nicht mehr steuern und stoppen kann. Wenn ich es tun muss, obwohl ich genau weiß, dass das Suchtmittel und mein Verlangen danach mich zwangsläufig und mit all seiner über mich bekommenen Macht zerstören wird; dass die Sucht mich am Ende umbringt. Gnade wird dem zuteil, der diese Erfahrung, der dieses Gefühl der persönlichen Machtlosigkeit nicht kennenlernen muss.

Ich verlor also immer mehr die Selbstkontrolle und irgendwann hatte mich die Sucht dann auch völlig übernommen. Mein Leben wurde nun nicht nur beim Trinken und Spielen, sondern in allen nur denkbaren Bereichen meines Alltags durch die Sucht bestimmt und gesteuert. Aus mir selbst heraus konnte ich keine Kraft mehr entwickeln, um dem Saufdruck, dem Spieldrang und -zwang noch irgendetwas entgegensetzen zu können.

                  

Doch dann griff Gott aus dem Nichts heraus in mein Leben ein, weil ich sonst kurz darauf vermutlich elendig zugrunde gegangen wäre.

Glaube und Religion waren bis dahin nie wirklich ein Thema in meinem Leben gewesen. Ich verachtete sogar diese mich abstoßende religiöse Heuchelei der Kirchgänger zutiefst. Zuviel davon hat mich in meiner Kindheit und frühen Jugendzeit abgestoßen, als ich noch mit meiner Mutter die Gottesdienste in der Neuapostolischen Kirche besuchen musste. Allgemein breitete sich in meiner ganzen Hilflosigkeit und Verzweiflung sowieso immer mehr Abneigung, Hass, Wut und Zorn auf alles nur Denkbare in mir aus. Doch mich wirklich um Hilfe zu bemühen, dazu war ich innerlich vermutlich zu stolz, oder einfacher ausgedrückt nur zu dumm und auch zu unreif. Also musste Gott selbst tätig werden und direkt in mein Leben eingreifen, weil er für mich, aus meiner heutigen festen Überzeugung heraus, einen anderen Weg vorgesehen hatte.

 

Und so begegnete ich in völliger Trunkenheit an einem Dienstagnachmittag im März 1993 nach einer abenteuerlichen Vorgeschichte in der Freiburger Innenstadt einem Heilsarmeesoldaten und hatte durch ihn meine erste richtige Begegnung mit einem wahren Mann Gottes. Er nahm sich im Anschluss an diese Begegnung selbstlos meines kaputten Lebens an. Doch ich wollte nichts wissen von seinem Gott und diesem Jesus Christus, von dem mir dieser Glaubensbruder und andere Gläubige in der Heilsarmee die ganze Zeit erzählt haben. Doch Hilfe habe ich trotzdem vorbehaltlos empfangen, denn so sind die Christen ja nun mal. Da hatten sie meiner Meinung nach mit mir wieder einen an die Angel bekommen, der unbedingt gerettet werden musste. Ob er nun will, oder nicht. Ich wusste damals nicht, was gerettet werden, was Errettung im christlich-biblischen Sinne bedeutet. Welch zentrale Botschaft für mich und mein Leben hinter diesem Wort Errettung wirklich steckt. Woher sollte es mir auch bewusst sein, dass ich ohne die Gnade Gottes, ohne das Werk Jesus Christi verloren bin? Bisher waren für mich all die glaubenden Menschen der Religionen nur Jahrmarktprediger, Märchenerzähler, Schaumschläger und zu großen Teilen Selbstdarsteller der übelsten Sorte, die aus reiner Machtgier und Darstellungssucht heraus manipulierend in das Leben von geschwächten und psychisch labilen Personen eingreifen und darin herumpfuschen wollen. Und wie oft hatte ich selbst ja schon in manch einer finanziellen Notlage, als sich die Schlinge um meinen Hals immer enger zuzog, nach diesem Gott doch geschrien, dass er mir doch helfen solle? Dass er mir doch helfen solle, damit ich nicht mehr Spielen, nicht mehr Trinken muss. Doch außer einer unerträglichen Stille, war da Nichts. Da war nichts, was ich hören, spüren, fühlen, oder gar greifen oder sehen konnte. Nichts. Einfach Nichts! So war es also nicht verwunderlich, dass ich, auch aufgrund meiner Prägung, meiner Erziehung, meines Lebenswandels, meines mir im Laufe der Zeit angeeigneten Charakters, zu einem derjenigen verbitterten Menschen wurde, der sich mit all seiner zu einem Berg aufgetürmten Schuld auch nicht ansatzweise bewusst war, dass er vor Gottes Gericht nicht würde bestehen können. Weil ich gar nicht an dieses Gericht Gottes glaubte. 

       

Doch die Heilsarmee hat mich wieder, trotz aller meiner Vorbehalte gegenüber dem christlichen Glauben, wie schon so viele vor mir auch, auf die Füße gestellt. Auf die Füße gestellt, dass ich wieder atmen, dass ich wieder laufen, dass ich wieder leben lernen konnte. Ich bin daraufhin ein halbes Jahr trocken geblieben und dann doch wieder komplett abgestürzt. Anlass war ein einschneidendes Ereignis, über das ich im nächsten Kapitel ausführlich berichte. Der Alkohol wurde für mich wieder wichtiger und tragfähiger als die aufrichtige Suche nach einem Zugang zum Glauben, zu Gott und Jesus Christus.

Und so bin ich fadenscheinig dabeigeblieben und ließ mich also weiter retten, ohne wirklich gerettet werden zu wollen. Ohne im Geringsten verstanden zu haben, dass Errettung in Christus notwendig ist, um vor Gottes Angesicht einmal bestehen zu können. Ich war so borniert, so verbohrt, dass ich in Allem und Jedem immer nur das Schlechteste vermutete. Auch in den Christen, die mich mit Herzlichkeit aufgenommen hatten, die aufrichtig um mein Seelenheil besorgt waren und dafür beteten.

Wie ich dann aber doch noch zum Glauben an Jesus Christus kam, wie ich Heilung und Errettung am Kreuz und durch das Blut Jesu Christi fand, darüber erzählt dieses Buch. Es erzählt über meine Erfahrungen, die ich mit dem Gott der Bibel machen durfte und wie ich sein lebendiges Wort, sein Evangelium für mich verstehe.